01.08.2007
Hundert Jahre Schweizerische Nationalbank (1907 – 2007)
Autor: Johannes Müller

Auszug aus der Publikation Geld.

Kritische Gedanken zum Jubiläum

Schauen wir doch kurz 100 Jahre zurück und versuchen, die Motivationen und Denkstrukturen zu ergründen, welche die Verantwortlichen zum Inhalt der damaligen gesetzlichen Bestimmungen geführt haben. Durch das geschaffene Banknotenmonopol musste die ins Leben gerufene Nationalbank einerseits für die Kaufkraft des Geldes garantieren und andererseits die Liquidität für das Bankensystem schaffen. Nur unmissverständliche Regeln konnten zur Lösung dieser Aufgabe führen. Konsequenz: Gesetzliche Hürden mussten aufgebaut werden, sozusagen ein moralisches Schutzschild gegen zukünftige Wünsche und gut gemeinte Ausnahmeregelungen, welche die SNB früher oder später zu einer Versicherungsanstalt umfunktioniert und damit die Verluste von wirtschaftlichem Fehlverhalten grosser Akteure mittels Geldentwertung auf alle andern Wirtschaftteilnehmer abgewälzt hätten. Die Idee der Silber- und Golddeckung besticht in mehrfacher Hinsicht: Man setzte auf einer bereits existierende, äusserst liquide Weltwährung und hatte gleichzeitig eine Form von endlichem Geld, welches Naturgesetzen untersteht. Parallel dazu wurden gesetzliche Hürden eingebaut, die klar formulierten, welche Werte von der SNB gegen Zinszahlung belehnt werden sollten und welche nicht. In Art. 15 Abs. 4 des SNB-Gesetzes aus dem Jahre 1905 wird explizit auf ein Verbot der Belehnung von Aktien hingewiesen. Die damalige Geisteshaltung war konsequent: In einem freien Markt unterliegen auch die Aktien dem Naturgesetz von Angebot und Nachfrage; sollten bei steigenden Kursen die Eigner einen Gewinn einfahren können, müsste bei fallenden Kursen ein Verlust daraus resultieren. Sobald die SNB Aktien als Sicherheiten akzeptiert, wird der freie Markt verzerrt und gleichzeitig verletzt, denn einzelne Wirtschaftteilnehmer werden auf Kosten anderer bevorzugt. Die Kosten der anderen beschränkt sich nicht nur auf deren Geldentwertung, nein, durch das Schützen und indirekte Subventionieren eines Kurses wird die SNB zur Partei – äusserst heikel für eine Institution, welche im gesamtschweizerischen Interesse handeln sollte.

Beispiel: Wenn ein Unternehmer ein Fünfsternhotel für 50 Millionen Franken erstellt und in der Folge finanziell scheitert, so mag dies zwar für ihn und seine Angestellten tragisch sein, aber - und dies ist ganz wichtig: sollte dieses Hotel einem wirklichen Bedürfnis entsprechen, so entsteht eine neue Chance für einen andern Wirtschaftsteilnehmer, denn dieser kann aus der Konkursmasse das zu teuer errichtete Hotel vielleicht für nur 10 Millionen kaufen, neue Leute einstellen und erfolgreich weiterwirtschaften. Besteht ein zu geringes Bedürfnis, so hat das Hotel keine wirtschaftliche Berechtigung mehr und wird allenfalls einem neuen Projekt weichen müssen.

Das gleiche Muster muss natürlich auch für Geschäftsbanken gelten: Wenn diese zu viel Kredit aus Gewinnmaximierungsgründen sprechen, so darf es nicht sein, dass bei einem finanziellen Scheitern derer Kreditkunden die SNB als letzte Sicherheit für die Geschäftsbank eintreten darf. Denn auch hier müsste die Allgemeinheit in Form von Geldentwertung die Folgen von Risiken Einzelner, in diesem Fall einer Bank, bezahlen. Wer schützt dann die Sparer? Wird sich manch einer nun fragen. In letzter Konsequenz müsste es auch hier heissen: Die Eigenverantwortung und in keinem Fall die Allgemeinheit. Wie heisst es doch so schön: Durch Schaden wird man klug – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste - Dummheit schützt vor Strafe nicht – oder – Gier macht blind.

Die SNB darf also unter keinen Umständen zur Partei von finanziell angeschlagenen Banken werden; durch die scheinbar harten, aber umso gerechteren Gesetzesvorlagen wird sie zur geachteten Instanz, welche Werte wie Moral und Ethik im Täglichen Geschäft hochhalten darf. Indem die SNB einer Geschäftsbank, welche die erforderlichen Sicherheiten nicht mehr bieten kann, weitere Kredite verweigert, solidarisiert sie sich mit allen finanziell gesunden Wirtschaftsteilnehmern und unterstützt gleichzeitig die Firmen und Bürger, welche die für eine Gesellschaft überlebenswichtige Eigenverantwortung wahrnehmen können. Damit zeigt sie sich nicht nur mitverantwortlich für die Sicherung des sozialen Friedens, sondern geniesst und verteidigt den Status eines gesellschaftlichen Vorbildes.

Verwässerung der Gründergedanken
In einer immer grösseren Wirtschaftswelt warten auf alle Volkswirtschaften grosse Herausforderungen, welche Chancen, jedoch auch Gefahren bedeuten können: Mit einem neuen Nationalbank-Gesetz wurde 1929 ein echter Goldstandard geschaffen, welcher den Franken in einer bestimmten Menge Gold definierte. So konnte die SNB die Kaufkraft des Frankens so lange erfolgreich schützen, bis ausländische Marktteilnehmer ihre ähnlich gelagerten Hausaufgaben aus kurzfristeigen politischen Wichtigkeiten vernachlässigten oder gar abschafften. Mit der Aufhebung des Goldstandards des britischen Pfundes 1931 sowie des amerikanischen Dollars 1933, existierten in den früheren dreissiger Jahren plötzlich fast nur noch internationale Kunden, welche nicht mehr mit Goldgeld, sondern nur noch mit Papiergeld bezahlen wollten (Mark, Franzosenfranken, Rubel, Lira und andere waren bereits seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges faktisch keine Goldwährungen mehr). Um die eigene Währung zu schützen, hätte man diese Papierwährung nicht mehr akzeptieren dürfen oder diese sofort wieder in Gold wechseln müssen. Mit der Abwertung des Frankens gegenüber Gold im Jahre 1936, von einer bundesrätlichen Mehrheit gegen den Willen der damaligen SNB-Führung beschlossen, zeigte einmal mehr die politischen Vertreter, was ein Verstoss gegen Treu und Glauben bedeutet: Gläubiger werden durch die Abwertung zugunsten der Schuldner benachteiligt – ein fatales, gesellschaftsfeindliches Signal. Gleichzeitig wurde durch die Aufwertung von Gold um 30 % das Goldgeld aus dem Markt gedrängt – stieg doch der Metallwert eines 20 Franken Vreneli über Nacht auf über 26 Franken. Sofort gelangten keine Goldmünzen mehr in den Umlauf, diese wurden nur noch als Wertaufbewahrungsmittel genutzt.

Ab 1954 wurde dem Besitzer von Schweizerfranken nur noch eine theoretische Möglichkeit des Goldeinlöserechts eingeräumt, obschon die Suspendierung nur für Kriegszeiten und für Zeiten gestörter Währungsverhältnisse vorgesehen war. Immerhin stand wenigstens das zirkulierende Bargeld noch in einer Relation zum vorhandenen Goldbestand (40%). Mit dem neuen Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel (WZG) vom 1. Mai 2000 fiel die theoretische Goldbindung definitiv weg und so gesellte sich die SNB als letztes Mitglied in die Reihen der Zentral- und Nationalbanken, welche gemeinsam nach planwirtschaftlichen Regeln versuchen, die Volkswirtschaften mit Kunstwährungen und manipulierbaren Zinssätzen zu lenken.

Das Gesetz ist nun mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht kompatibel. Mit der Aufhebung der Goldbindung des Frankes wird zudem den Statuten des Internationalen Währungsfonds (IWF) Rechnung getragen, welche Gold als Mittel zur Wechselkursbestimmung seit 1978 nicht mehr zulassen. Die Schweiz ist seit 1992 Mitglied des IWF.

Vertrauen als wichtigstes Kapital
Wie leichtfertig mit dem grössten Kapital der SNB – dem Vertrauen – gespielt wird, zeigen einerseits alle Politiker, welche die folgenschweren Gesetzesänderungen unterstützten und damit die Unabhängigkeit SNB opferten. Dabei offenbarten diese Volksvertreter, dass sie keine Achtung vor der Geldwertsicherung haben oder, weit schlimmer, die weitreichenden Folgen nicht erkennen konnten. Leider sind es aber auch die Verantwortlichen der SNB , welche sich nicht stark genug gegen politische Wünsche zur Wehr setzten und heute selber am Ast des Vertrauens sägen.

Überschüssige Goldreserven
So muss sich auch ein neutraler Beobachter ernsthaft fragen, wessen Interessen die heutige SNB vertritt. Nebst dem unglücklichen Entscheid, die einzig echten Reserven in Form von Gold teilweise zu liquidieren, muss die Art und Weise dieses Verkaufs mehr als stutzig machen und zu sinkendem Vertrauen oder zu Fehlinterpretationen führen. Eine solche könnte lauten: Entweder wurden ausländische Interessengruppen vor die Interessen des Volksvermögens gestellt oder aber die Verantwortlichen für den Verkauf der Goldbestände leiden an einem undefinierten Defizit, denn nur solche künden einen Goldverkauf von 1‘300‘000 Kilo medienwirksam an, damit sie auch wirklich sicher sein können, den denkbar tiefsten Erlös dafür zu erzielen. Heute rechtfertigt sich die SNB damit, der erzielte Durchschnittpreis (Ertrag von 21,1 Milliarden für 1800 Tonnen) von 16‘230 CHF pro Kilo sei aus heutiger Sicht vielleicht etwas tief, diese Sicht könne sich bei einer Abschwächung des Goldpreises allerdings wieder ändern. Grundsätzlich ist diese Aussage richtig; die Zukunft wird unbestechlich darüber informieren, ob diese Aussage auch glaubwürdig bleiben wird.

Gold-Leihe
Unglaubliche erscheint mir auch der Umstand, dass für rund 3 Milliarden Schweizer Franken physisches Gold gegen eine jährliche Leih-Gebühr von etwas mehr als 15 Millionen CHF ausgeliehen wurde. Als Sicherheiten wurde der SNB Papierwerte hinterlegt, welche von den Rating-Agenturen mit einer überdurchschnittlichen Bonität ausgezeichnet wurden. Da wurde also für 400 CHF pro Einwohner Gold aus den Händen gegeben, für einen Papier-Ertrag von 2 CHF. Mit andern Worten wird ein Versicherungsschutz (in diesem Fall Gold) für lächerliche 0,5 % Jahreszins gegen ein Papierversprechen verkauft. Hier sind Kräfte am Werk, welche garantiert nicht die Interessen der Schweizer Bevölkerung wahrnehmen, oder kennen Sie etwa jemanden, welcher seine Versicherung überhaupt, und wenn dann gegen lediglich 0,5 % Jahreszins verkaufen und damit auflösen würde?

Der im Juni 2007 angekündete Verkauf von weiteren 250 Tonnen Gold zeigt übrigens in die gleiche Richtung: Seit Jahren geben die Zentralbanken Gold an die Geschäftsbanken ab. Dafür erhalten sie eine Forderung auf dieselbe Menge Gold, welche später fällig ist, sowie einen (bescheidenen) Zins. Das Gold wird von den Geschäftsbanken sofort am Markt verkauft und der Erlös in höherverzinsliche Anleihen investiert. Damit werden drei Fliegen auf einmal geschlagen: Einerseits werden Schuldner durch den Ankauf ihrer Schuldpapiere unterstützt, andererseits machen die Geschäftsbanken einen Zinsprofit und - dies ist ganz wichtig - es werden damit Falschsignale an die Investoren gesandt: Ein tiefer Goldpreis suggeriert eine tiefe Inflation und ein grosses Vertrauen ins Papiergeldsystem. Dieser Mechanismus funktionierte jahrelang wunderbar, bis der Goldpreis zu steigen begann und damit die involvierten Geschäftsbanken durch die auflaufenden Buchverluste in eine unangenehme Situation gedrängt wurden: das geliehene und am Markt verkaufte Gold kann in diesen gewaltigen Mengen nie und nimmer zu heutigen Kursen wiederbeschafft werden, ohne dass markante Preisschübe die Folge wären.

Gold sowie Goldforderungen
Eine seriöse Schätzung der Totalmenge an Gold, welches weltweit von den Nationalbanken verliehen wurde, kann leider nicht abgegeben werden, da diese eine einfache, aber wirkungsvolle Buchhaltungsmethode eingeführt haben: In der SNB-Bilanz findet man die Goldposition unter Gold sowie Goldforderungen. Andere Nationalbanken haben diese beiden Positionen zusammengefasst unter Gold und Goldforderungen, so dass die verliehene Menge Gold nicht bestimmt werden kann. Sowohl die SNB wie auch die andere Notenbanken führen das Gold als Forderung auf, welche das Goldpreisrisiko beinhaltet (Gewinn oder Verluste laufen nach wie vor auf ihre Rechnungen). Da die Käufer (z.B. andere Notenbanken) des verliehenen Goldes logischerweise ihre erworbenen Bestände auch in die Buchhaltung aufnehmen, entsteht eine aussergewöhnliche Situation, man darf sogar von einem handfesten Wunder sprechen: Steigt der Goldpreis, können beide Besitzer desselben Goldes den entsprechenden Aufwertungsgewinn verbuchen, als wäre die doppelte Goldmenge vorhanden! Die Geschäftsbank, welche das geliehene Gold am Markt verkauft hat, macht keinen Verlust, solange sie das Gold nicht retournieren und damit zum Marktwert zurückkaufen muss. Durch die Verlängerung der Goldleihe kann sie den absehbaren Verlust zeitlich aufschieben. Auf Seite 81 des SNB-Jahresberichtes 2006 wird übrigens unbeirrt von einem Gesamtbestand von 1290 Tonnen Gold gesprochen, obschon über 119 Tonnen verleiht sind.

Internationale Finanzmarkt-Stabilität
Tatsache ist und bleibt: wenn die involvierten Notenbanken ihr Gold in Materialform zurückfordern, steigt der Goldpreis in Preisbereiche, welche die kühnsten Vorstellungen der meisten Menschen übertrifft. Dass damit die beteiligten Geschäftsbanken, allesamt bekannte Grossbanken, Verluste in Grössenordnungen erleiden würden, welche den Gebrauch von unliebsamen Ausrücken wie Insolvenz oder Konkurs nötig mache würde, wäre eine logische Folge. Dies hätte selbstverständlich weltweite Auswirkungen auf das Finanzsystem mit schwindendem Vertrauen ins Papiergeldsystem - alles Szenarien, welche nicht im Interesse der Notenbanken sein können. Was liegt nun also näher, als den Fisch von der Angel zu lösen, indem das geliehene Gold einfach verkauft wird, so dass es nicht noch zusätzlich auf dem Markt beschafft werden muss? Es muss leider auch vermutet werden, dass nach dem Debakel um den Hedge Fond Long-Term Capital Management (LTCM), welcher ebenfalls in solche Transaktionen verwickelt war, die Notenbanken von England und der Schweiz als Erste dazu gezwungen wurden, Falschsignale auszusenden und Gold zu verschleudern, natürlich immer im Interesse einer für alle Erdenbürger wichtigen internationalen Finanzmarktstabilität.

Das hier mit dem Vermögen der Schweizer Bevölkerung internationale Papiergeld-Politik betrieben wurde, ist leider zu befürchten. Schlimmer noch: Die Schweiz und mit ihr die SNB gilt weltweit als der Inbegriff von Stabilität und Sicherheit, was liegt also näher, diesen Werbeträger, im Interesse eines stabilen Finanzsystems, effizient einzusetzen? Welch schönes Signal, wenn man der ganzen Welt zeigen kann, dass sogar die klugen und reichen Schweizer endlich begriffen haben, dass Gold nur noch ein sentimentales Souvenir aus längst vergangenen Zeiten darstellt, welches sich zur Kaufkraftsicherung nun wirklich nicht eignet. Auffallend dabei ist die Tatsache, dass in den Medien meist nur von Verkäufern die Rede ist, die ihr zinsloses Gold loswerden wollen. Tatsache jedoch ist: Für jedes verkaufte Kilo Gold ist auch ein Käufer gefunden worden. Fast müsste man sich Sorgen um die Urteilskraft dieser unkundigen und naiven Marktteilnehmer machen: Die heutige SNB-Führung erweckt den Eindruck, dass sie einen unglaublichen Umstand nutzen darf: es existieren immer noch Marktteilnehmer, welche nicht begreifen wollen, dass das Zeitalter des Goldes längst abgelaufen ist und es keinen plausiblen Grund mehr gibt, dieses Industriemetall zu einem solch überrissenen Preis zu kaufen.

Nur übergeordnete Interessen hindern verantwortungsbewusste Menschen am Innehalten und einer etwelchen Neueinschätzung einer Situation, denn sonst könnten folgende Tatsachen den Verantwortlichen allenfalls den Schlaf rauben: Nationalbanken von aufstrebenden Nationen wie Russland oder China stocken die Goldreserven auf, zum Teil massiv. Als untrügliches Alarmzeichen wäre im Weiteren der Umstand zu werten, dass die amerikanische Fed kein Gold verkauft und dementsprechend angeblich immer noch die weltweit grösste Goldbesitzerin ist.

Ertragsbringendere Aktiva
Auf Seite 59 des Geschäftsberichtes 2006 der SNB heisst es wörtlich „mit 15 % rentierte das Gold wie schon im Vorjahr von allen Anlagen mit Abstand am besten“ (im Jahr 2005 sogar mit 35 %). Wir erfahren also, dass Gold rentieren kann. Nur knapp sieben Jahre nachdem Gold als zinsloses, totes Kapital dargestellt wurde, z.B. in der Botschaft vom 26. Mai 1999 zum Bundesgesetz über die Währung und Zahlungsmittel (WZG), mit folgendem Wortlaut: „Mit dem Inkrafttreten des WZG wird somit eine Höherbewertung sowie der Verkauf und die Umschichtung eines Teils der Goldbestände der SNB in ertragbringendere Aktiva möglich“. Wichtige Anmerkung: Diese Aktiva sind meist Schulden von Firmen oder Staaten, welche nur in den seltensten Fällen zurückbezahlt werden, sondern durch Neuemissionen ersetzt werden. Die fälligen Zinsen werden vor allem bei Staatsobligationen durch Aufnahme neuer Kredite bezahlt, also mit einer Neuverschuldung. Hinweis: In der Schweiz sind Schneeballsysteme, auch Pyramidenspiele genannt, verboten.

Wundersame Buchhaltungsgewinne
Da Gold sich bekanntlich nicht vermehren kann, liegt das Geheimnis dieser Gold-Rendite einzig und allein in der wundersamen Vermehrung von Geld, also aller weltweiten Papierwährungen. Mit dem Inkrafttreten des WZG kann sich die SNB buchhalterisch reichrechnen und gleichzeitig mit Teilen davon politisch produzierte Finanzlöcher stopfen. Im Jahre 2006 erzielte die SNB einen Gewinn von etwas über 5 Milliarden Franken, davon entfielen rund 4,2 Milliarden auf eine Höherbewertung des Goldes, denn die Goldbestände dürfen nun zu Tageskursen bewertet werden und liegen nicht mehr wie früher als letzter Sicherheitsanker in den Tresoren, bewertet mit knapp 4‘600 CHF pro Kilo. Ohne eine volkswirtschaftliche Leistung wurden buchhaltungstechnisch Mittel in Höhe von 4‘200 Millionen Franken geschaffen, wovon 2,5 Milliarden Franken an Bund und Kantone ausgezahlt werden! Da erblasst jeder gestresste Handwerker, welcher Mühe hat, seinen dringend benötigten Stundenansatz verrechnen zu können und manch einer wird sich beim Studium dieser Zeilen fragen, ob er nicht doch besser in die Buchhaltungsbranche wechseln sollte.

Aktien als Sicherheiten
Gemäss Gesetz entscheidet im Falle eines Liquiditätsengpasses der Geschäftsbanken die SNB, was für Sicherheiten zu akzeptieren sind. Dies kann heissen, dass im deklarierten Notfall auch Pfandbriefe oder Aktien belehnt werden können. Aus der Sicht der Banken und der Pensionskassen mag dies wunderbar erscheinen, aus Sicht eines freien Marktes ist dies jedoch eine Katastrophe. Stellen Sie sich vor, Sie betreiben eine Fischzucht und ihr Markt bricht plötzlich ein. Sie begeben sich zur SNB, möchten etwas Liquidität für ihr Geschäft, welches zurzeit einfach nicht funktioniert. Die SNB belehnt Ihnen die Fische mit sagen wir 30 % des Verkaufspreises. Ihr Nachbar, ein Schreinermeister, spürt die Verunsicherung des Konsumenten ebenso und erhält auf Wunsch eine Liquiditätshilfe, gedeckt durch massives Eichenholz. Am Schluss würden gar die Berufsnumismatiker mit ihren Raritäten um Liquidität bitten…. Ein Szenario, welches selbstverständlich nie eintreffen wird, denn es gilt in einer Notsituation Prioritäten zu setzten, und diese können schon heute erahnt werden: Banken und Grossbetriebe mit möglichst vielen Arbeitnehmern werden zu schützenswerten Elementen erklärt, welche im gesamtschweizerischen Interesse von der Solidarität (in Form von Geldentwertung) aller Geldhalter am finanziellen Leben gehalten werden müssen.

Aktien als Devisenreserven
Im Jahr 2006 wurden aus Diversifikationsgründen 11 % der Devisenreserven in Aktien angelegt, auch hinter diesen Umstand darf ein grosses Fragezeichen gesetzt werden, ist doch das Hauptrisiko der Aktienanlagen in der Preisgabe der politischen Unabhängigkeit zu orten. Man stelle sich nur folgende Situation vor: die Firmengewinne und damit die Börsenaussichten werden fundamental neu eingeschätzt, und die SNB steht vor der Entscheidung, Aktien zu verkaufen und damit die bereits leidenden Pensionskassen in eine noch tiefere Unterdeckung zu treiben. Oder: die SNB erwirbt Aktien, welche bekanntlich die Basis für Optionen darstellen: so werden mit Volksvermögen ganz direkt die vielfach kritisierten Gehälter der Spitzenmanager mitfinanziert. Oder: Mit dem Kauf von Aktien werden Firmen gefördert, welche nicht die Interessen einer gesamtschweizerischen Bevölkerung wahrnehmen. Kurz: mit einem Aktien-Engagement mögen zwar kurzfristig buchhaltungstechnische Mittel erarbeitet werden, langfristig kreieren diese jedoch nur neue Problemstellungen.

Echte Unabhängigkeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass ein bewusster Verzicht geübt werden kann.

Dollar-Risiko
Nicht wirklich vertrauensbildend ist ebenfalls die Tatsache, dass ein neutrales Land wie die Schweiz Anleihen und die Währung einer Kriegspartei hält. Von den ausgewiesenen Devisenanlagen per Ende 2006 sind rund ein Drittel in US Dollars angelegt, also 15 Mia. Franken. Sollte der Dollar schwächer werden, finanziert die Schweiz mit ihrem Volksvermögen die Kriege mit. Um Interessenskonflikten aus dem Wege zu gehen und unsere Neutralität allen Staaten gegenüber zu unterstreichen, müssten diese Reserven umgeschichtet werden. Von Reserven zu sprechen ist übrigens mehr als mutig: In Wirklichkeit sind es Schuldpapiere, also Guthaben von Geld, welches schon einmal ausgegeben wurde. Der nominell vergütete Zins auf solchen Anlagen wirkt wahre Wunder: Sogar hochintelligente, auf den besten Schulen ausgebildete Manager lassen ihren Hausverstand liegen und folgen dem Ruf der nominellen Wertsteigerung von Papierwerten.

Die grosse Bewährungsprobe der SNB steht noch bevor
Aus Sicht der Gründerväter der SNB kann die heutige Ausgangslage als - vorsichtig ausgedrückt - unschön bezeichnet werden; in einer planwirtschaftlich organisierten Gesellschaft mag ein in sich geschlossenes Papiergeldsystem eine gewisse Zeit lang funktionieren, in einer freien Wirtschaftswelt entpuppt sich dieses Unterfangen jedoch als ein Ding der Unmöglichkeit: Sobald eine bedeutende Wirtschaftsnation oder ganze Wirtschaftsregionen zu grosse Schulden anhäufen oder in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wird der politische Druck auf die Notenbanken gewaltig zunehmen: diese haben nur folgende Alternativen: die Kreditblase platzen zu lassen mit dem grossen Risiko, dass Domino-Effekte auch finanziell gesunde Unternehmen in den Abgrund reissen, oder aber das Spiel bis zum bitteren Ende durchzuspielen, d.h. eine Geldpolitik der weiterhin künstlich tief gehaltenen Zinsen zu fahren und damit die kreditgetriebene Konsumlust und Exporte zu fördern. Jede vermeintlich unabhängige Nation mit eigener Währung, welche eine geordnete und damit den Geldwert sichernde Geldpolitik verfolgen möchte, wird gegen diesen Automatismus der Geldverschlechterung keine Chance haben, auch die Schweiz nicht.

Was die Zukunft bringen wird und vor allem in welcher Reihenfolge die unvermeidlichen Änderungen anstehen, kann niemand wissen. So ist kurzfristig weder eine Deflation mit schrumpfenden Vermögenswerten noch eine Inflation ausgeschlossen. Mittel- bis langfristig stehen die Zeichen jedoch eindeutig auf Geldentwertung, also Inflation. Und so ist heute schon zu befürchten, dass einmal mehr in der Geschichte der Respekt vor der Unantastbarkeit des Geldes nicht ernst genug genommen oder gar ignoriert wurde.

Die zukünftige Kaufkraft des ungedeckten Frankens wird unbestechlich darüber Auskunft geben. Dabei wird klar erkennbar, ob die Verantwortlichen der SNB das geschenkte Vertrauen verdienten oder ob sie, mit andern Nationalbanken zusammen, als Mitgestalter eines Mahnmals für folgende Generationen in die Geschichte eingehen werden.

Die Geschichte lehrt, dass jeder Versuch, mit ungedecktem Geld Wohlstand und Frieden zu schaffen, kläglich scheitert. Da werden auch zukünftige Zwangsmassnahmen zur Stützung des unseligen Papiergeldsystems nur letzte Zuckungen eines Papiertigers sein, welcher in der Vergangenheit immer am gleichen Gegner gescheitert ist: Dem unbesiegbaren Verfechter von Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit: Gold.

Mein Respekt sowie meine Hochachtung gilt in jedem Fall und uneingeschränkt den Gründern der Schweizerischen Nationalbank.

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