Es kriselt weiter sachte vor sich hin
Andere Pleitekandidaten, wie Slowenien, Belgien, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich, England und natürlich Zypern, leiden ebenfalls schwer am griechischen Finanzdrüsenfieber, mit keiner Besserung in Sicht. Ihre Haushaltsdefizite fielen 2012 viel höher aus, als die Brüsseler Super-Planer erwartet hatten. Europas Schuldenberge wachsen und wachsen, trotz aller Sparprogramme und Austeritätsmassnahmen. Wie lange werden die Steuereinnahmen noch reichen, um die wachsenden Zinslasten zu bedienen? Kann ewiger Gelddruck wahren, ewigen Wohlstand erzeugen? Der grosse Boom vor einem finalen Zusammenbruch - der Crackup Boom hat stets finanziellen Charakter. Wir sind mitten drin.
Mit dem historischen Schritt der zwangsähnlichen Enteignung beschäftigt der Fall Zypern Kapitalmärkte, Sparer und Investoren. Bisher bewährte Eigentumsbegriffe wurden auf dem Müllhaufen der Geschichte geopfert. Der deutsche Finanzminister, von seinen Gegnern häufig Gollum (siehe Herr der Ringe) genannt, sprach es offen aus: Das Zypern Modell sei auch eine Option für andere Länder. Anders ausgedrückt: Zypern war nur die Blaupause. Derlei bedrohliche Warnungen treffen weitgehend auf taube Ohren. Die unglaubliche persönliche Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit der Massen gegenüber den wirtschaftspolitischen Prozessen sowie ihr Unverständnis von leider recht komplexen Zusammenhängen im Finanzbereich, spielen den Mächtigen in die Hände. Das Wissen um Strukturen und Funktionsweisen des Geldsystems verbleibt vorläufig noch im rudimentären Bereich.
Doch sogar ein bis aufs Blut geschorenes, staatsgläubiges Schaf kann zeitweilig zum Tiger werden, sollten vier Aspekte zusammenkommen: Wenn Sparer und Anleger demnächst alles - oder fast alles – verlieren sollten, dürften Volkswut zum Frühstück, biblischer Zorn zum Mittagessen und pure Verzweiflung zum Abendbrot aufkommen, leider in Kombination mit einem reflexartigen Ruf nach viel mehr Staat, der etwas tun muss, begleitet von Lähmung, schwindender Eigeninitiative und Selbstverantwortung, ganz im Sinne der elitären Mächte und grossen Lenker der Geschicke und damit der Geschichte.